Design- und Techliebhaber durch und durch: Martin Wezowski. Diese zwei Leidenschaften werden Wezowski nicht zuletzt in seine jetzigen Job geführt haben. Wezowski ist Chief Designer bei der SAP SE. Als Futurist befasst er sich tagtäglich damit, wie unsere Zukunft aussehen kann und wird. Welche Technologien gerade diskutiert werden und was bei der Entwicklung von Innovationen berücksichtigt werden muss, erfahrt Ihr hier:

Was ist Ihre genaue Aufgabe bei SAP?

Ich bin der Chief Designer bei SAP. Ich arbeite unter Jürgen Müller in unserem SAP Innovation Center Network und bin als Stratege tätig. Eine sehr weite Beschreibung meines Jobs wäre, dass ich versuche herauszufinden, in welche Richtung sich SAP als nächstes entwickeln sollte. Ich sehe mir gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen Trends an und werte Marktbeobachtungen im Technologiesektor aus. Daneben schaue ich mir auch an, wie sich bestimmte Communities verändern und wie das alles zusammen unsere zukünftige Arbeit verändern wird. Nachdem wir uns alle diese Faktoren angesehen und bewertet habe versuche wir uns vorzustellen, was die Geschichte um eine Überlegung sein könnte, also wie die Zukunft konkret aussehen könnte. Ich mache mir dabei auch viele Gedanken, was eine wünschenswerte Zukunft für den Mensch sein könnte. Ich versuche also herauszufinden, welche Veränderung in der Technologielandschaft eine positive Veränderung für den Menschen bringen kann und welche Rolle SAP dabei einnehmen sollte. Wir möchten Pioniere in der Weiterentwicklung mit neuen Technologien sein.

Was ist demnach der nächste Schritt für SAP?

Ein spannendes Feld ist für uns Machine Learning. Intelligente Software hat ein unglaubliches Potential im Enterprise-Segment. Was uns auch beschäftigt ist das Thema "Die Zukunft der Arbeit". Es geht darum, wie wir arbeiten. Es geht aber vor allem auch darum zu definieren was das Arbeiten in Zukunft ausmacht - was es ist. Ich denke, dass es Tätigkeiten gibt, die Roboter einfach besser können als der Mensch selbst. In der Zukunft, so wie ich sie mir vorstelle, wird der Mensch Arbeit verrichten, die mehr seiner Natur entspricht, als es im Moment der Fall ist. Im Moment ist es uns Menschen noch nicht (wieder) erlaubt sich wirklich wie ein Mensch zu verhalten. Wenn wir Maschinen als Helfer betrachten, könnte sich das ändern. Maschinen können uns z.B. eine neutrale Sicht zeigen, unabhängig von Bias in unseren Köpfen. Bias im Sinne von Denkstrukturen, Vorlieben oder Meinungen. Diese Überlegungen sind das, was mich wirklich antreibt. Die Anwendungen am Ende zu entwickeln ist vergleichsweise einfach. An den Technologien wird ständig gearbeitet. Für mich ist der Knackpunkt der Zusammenhang zwischen unseren Produkten, unseren Kunden, den Endnutzern, also den Mitarbeitenden und dem Markt. Wenn man in diesem Gefüge ein Szenario gefunden hat, kann man darüber auch Geschichten erzählen: "Ich stelle mir dieses und jenes so und so vor". Ab diesem Punkt wird es einfach einen Anforderungskatalog an neue Entwicklungen aufzustellen und die Anwendungen folgen. Das ist genau das, warum ich meinen Job so liebe. Ich stelle mir vor, wie wir die Zukunft der Arbeit verbessern können. Ich stelle mir Szenarien vor und übertrage sie dann in unsere Produktpalette.

Wir sind im Bereich Business Intelligence tätig. Denken Sie das dieser Bereich in Zukunft an Bedeutung zunehmen wird?

Der Bereich, der im Moment sehr, sehr spannend zu betrachten ist, ist der Bereich der Sinnstiftung. Wir betrachten Business Data bei SAP bereits seit 45 Jahren. Die Daten sind die Inhalte des Geschäfts. Wie sieht es mit dem Kontext aus? Wenn wir es schaffen über den Tellerrand hinauszublicken und es schaffen Daten miteinander zu kombinieren, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, können wir zukünftig noch sehr viel tiefer in unsere eigenen Geschäftsprozesse schauen. Es gibt Metadaten, die im Moment noch nicht ausreichend genutzt werden - wer nutzt wann welche Daten zu welche Zweck. Wenn wir es schaffen diese Art von Daten zu kombinieren und auszuwerten, werden wir es schaffen ganz neue Verbindungen und Potentiale innerhalb des Unternehmens zu finden. Das ist der Kontext. Dieser wird uns eine neue Dimension der Wahrheit aufzeigen.

Virtual Reality ist momentan ein großes Thema. Welche Rolle wird VR bspw. innerhalb des Digital Boardroom bei der SAP spielen?

Wir sehen uns immer viele Technologien gleichzeitig an. Virtual Reality ist eine davon. Wir müssen für uns genau evaluieren, wo wir den positiven und entscheidenden Unterschied in der Zukunft erzielen könnten. Wenn wir an den Digital Boardroom denken, könnte VR eine Möglichkeit sein. Wir werden wahrscheinlich keine Hardware dafür produzieren, aber Software, um Daten noch besser zu visualisieren.

Es gibt einen großen Hype um Design Thinking. Ist das der Weg wie Unternehmen heutzutage innovativ bleiben können?

Viele Leute denken, dass sie mit Design Thinking Workshops Innovationen in die Abteilungen bringen. Dieser Gedanke ist sehr trügerisch. Zu glauben, dass man an einem Nachmittag ausgereifte neue Wege gefunden hat, die man beschreiten sollte, halte ich für enorm gefährlich. Design Thinking ist für mich ein Verhalten bzw. eine Grundeinstellung. Es braucht ein vielfältiges Arbeitsteam mit vielen unterschiedlichen Ansichten auf die Dinge. Um am Ende eine wirklich gute Idee hervorzubringen, muss man vorher sehr viele unterschiedliche Ideen besprochen haben. Um diese zu bekommen, müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass es ausreicht einen Raum voll mit Leuten zu haben, bei denen es so aussieht als hätten sie viele verschiedene Ideen. Sie können so tun als hätten sie verschiedenen Ideen, weil sie alle gut reden können, aber sie sind alle gleich: Sie haben meistens den gleichen Bildungsweg, die gleichen Hintergründe usw. Wir brauchen viele unterschiedliche Menschen innovativ zu bleiben um viele verschiedene Ideen zu generieren. Wer keinen Wert auf Vielfältigkeit, legt stoppt Innovationen auf dem direkten Weg.

Fotos: Katharina Gless